SOFC-Systeme sind Schlüsselelemente für ein ganzheitliches Energiemanagement
Die von uns entwickelten SOFC-Brennstoffzellensysteme haben viele Stärken. Eine davon ist ihr hoher elektrischer Wirkungsgrad von rund 60 Prozent. Darüber hinaus lässt sich die Prozesswärme auskoppeln und nutzen, die bei der Wandlung der gasförmigen Brennstoffe zu Elektrizität entsteht. Damit ist ein Gesamtwirkungsgrad von bis zu 90 Prozent erreichbar. Ein Pilotbetrieb in der Energiezentrale unseres Entwicklungszentrums Schwieberdingen erprobt außerdem, wie die Systeme als Bausteine eines ganzheitlichen Energiemanagements auch im Teillastbetrieb hocheffizient arbeiten.
In Schwieberdingen gestalten über 6 000 Mitarbeitende in Forschung und Entwicklung die Mobilität der Zukunft. Sie beschäftigen sich mit der Weiterentwicklung von Fahrzeugantrieben und Kraftstoffen, der Elektromobilität und den damit verbundenen Versorgungsinfrastrukturen. Darüber hinaus entwickeln die Beschäftigten Steuergeräte und Software-Plattformen. Am Standort ist eine leistungsstarke IT-Infrastruktur mit entsprechend hohem Energiebedarf installiert.
Bis dato größter Pilotbetrieb für die Bosch SOFC-Systeme
Feste Bausteine der Energiebereitstellung am Entwicklungszentrum sollen unsere Bosch Festoxid-Brennstoffzellensysteme (SOFC) werden, die aus gasförmigen Brennstoffen Elektrizität und Wärme erzeugen. Erste SOFC-Anlagen laufen in Schwieberdingen seit 2020 zuverlässig im Testbetrieb. 2023 sind sie um 20 zusätzliche Anlagen verstärkt worden. Das Brennstoffzellensystem wird so im Entwicklungsziel eine elektrische Leistung von rund 200 kW erbringen. Ein weiterer Ausbau ist geplant. Im Pilotbetrieb decken sie einen Teil des Grundlastbedarfs am Standort und sind der bisher größte SOFC-Praxistest. Während der Pilotphase arbeiten die SOFC-Systeme im Verbund mit einem vorhandenen Blockheizkraftwerk und nutzen wie dieses Erdgas als Brennstoff. Sobald eine entsprechende Infrastruktur aufgebaut ist, soll eine Weiterentwicklung der Brennstoffzellensysteme mit regenerativ erzeugtem, grünem Wasserstoff versorgt werden.
Der Pilotbetrieb verfolgt mehrere Ziele:
- Er demonstriert, wie sich mit der Technologie hocheffizient und dezentral Energie gewinnen lässt.
- Er zeigt auf, wie sich Brennstoffzellen-Systeme in ein ganzheitliches Energiesystem einfügen, das Elektrizität aus verschiedenen regenerativen Quellen kombiniert.
- Außerdem ist er ein Testfeld für die Auskopplung der entstehenden Prozesswärme: Die Brennstoffzellen-Units geben Wärmeenergie ab. Macht man sich diese zunutze, beispielsweise als Heiz- oder Klimatisierungsenergie, steigt der Gesamtwirkungsgrad eines SOFC-Systems auf bis zu 90 Prozent der eingesetzten Energie.
Testfeld für den Teillastbetrieb
„SOFC-Systeme sind für den Dauerbetrieb ausgelegt. Das bedeutet nicht zwingend, dass sie permanent mit voller Leistung arbeiten müssen“, sagt Michael Hausleitner, technischer Projektmanager im SOFC-Projekt bei Bosch. „Im Pilotbetrieb erproben wir daher, wie Brennstoffzellensysteme auch im Teillastbetrieb hocheffizient Energie bereitstellen.“ Die Ingenieure bezeichnen es als Modulation, wenn die Anlagensteuerung die Systemleistung entsprechend der Energienachfrage anpasst. „Ein typischer Anwendungsfall wäre ein SOFC-Teillastbetrieb tagsüber, wenn unsere Photovoltaik-Anlagen viel Strom produzieren. Dann ist die direkte Wandlung von Sonnenenergie zu elektrischer Energie der effizienteste Weg. Abends und nachts erhöhen wir die SOFC-Leistung und halten das Energiesystem damit in Balance“, so Michael Hausleitner.
Unsere Brennstoffzellensysteme arbeiten nicht nur im Volllastbetrieb wirtschaftlich. Wir erproben in der Pilotphase alle Leistungsbereiche, in denen die SOFC-Technologie ihre Systemvorteile ausspielt.
In der praktischen Anwendung gibt es viele Szenarien, in denen diese Flexibilität gefragt ist. Beispielsweise wird ein Supermarkt, der seine Energie aus einem SOFC-System bezieht, in den Nachtstunden weniger Strom und Klimatisierung benötigen. Entsprechend kann in dieser Zeit die Energiebereitstellung heruntergefahren werden. Der Pilotbetrieb in Schwieberdingen bildet solche Situationen ab, in denen die Stromproduktion der Lastkurve der angeschlossenen Verbraucher folgt. Er identifiziert die Leistungsbereiche, in denen SOFC-Systeme mit hoher Effizienz arbeiten, und erprobt, in welcher Geschwindigkeit die Leistungsanpassung erfolgen kann. Zur Markteinführung der SOFC-Systeme wird die Modulierbarkeit ein wichtiges Funktionselement der Technologie sein.
Bausteine für ein Energie-Gesamtsystem
Am Standort Schwieberdingen wird ein ganzheitliches Energiemanagement auf- und ausgebaut, in das die SOFC-Systeme eingebunden sind. „Wir produzieren zum Eigenbedarf zunehmend mehr regenerativen Strom mithilfe von Photovoltaikanlagen auf Dächern und Solarcarports sowie an Fassaden. Zwei Windkraftanlagen sind in Planung“ beschreibt Ulrich Schneider diesen Aspekt. Er ist Mitarbeiter im Facility Management des Entwicklungszentrums. In dieser Rolle ist er Hauptverantwortlicher für die elektrische Infrastruktur und betreut das SOFC-Pilotprojekt am Standort. „Die Menge des verfügbaren regenerativ erzeugten Stroms schwankt mit den Tages- und Jahreszeiten. Die SOFC-Systeme können in einem so komplexen System, das sich aus verschiedenen Energiequellen speist, eine ausgleichende Rolle spielen.“ Zu Zeiten, in denen weniger Sonnen- oder Windstrom produziert wird, lässt sich die Leistung der Brennstoffzellensysteme entsprechend erhöhen.
„Ein zusätzlicher wichtiger SOFC-Systemvorteil in einem Energieverbund ist die Wärmeauskopplung“, ergänzt Ulrich Schneider. Die Prozesswärme, die bei der Wandlung von gasförmigen Brennstoffen zu Elektrizität entsteht, macht Hochtemperatur-Brennstoffzellensysteme besonders effizient, lässt sich direkt als Heizenergie nutzbar machen oder kann über eine Absorptionskältemaschine zu Kälte für Klimaanlagen transformiert werden. Ein beispielhaftes Anwendungsszenario hierfür sind SOFC-Systeme in Rechenzentren: Sie erzeugen dezentral, versorgungssicher und am Ort des Verbrauchs Elektrizität für die Server. Mit der dabei entstehenden Wärmeenergie können die Serverräume gekühlt werden.
Da die SOFC-Systeme mit dem Ziel entwickelt werden, grünen Wasserstoff als Energieträger zu nutzen, ist eines der Zukunftsszenarien für das Energie-Gesamtsystem in Schwieberdingen, diesen Wasserstoff selbst herzustellen. „Was wir an selbst erzeugtem grünem Strom nicht unmittelbar verbrauchen, können wir in einer Elektrolyse-Anlage zu Wasserstoff wandeln und für den Betrieb unserer Brennstoffzellensysteme speichern“, beschreibt SOFC-Projektmanager Michael Hausleitner dieses Vorhaben. Mithilfe von regenerativer Elektrizität erzeugter Wasserstoff ist komplett CO₂-neutral. Dabei können wir auf eigene Entwicklungen zurückgreifen: Bosch bringt nicht nur die Brennstoffzellen-Technologie voran, die Wasserstoff zu Elektrizität und Wärme wandelt, sondern auch zentrale Komponenten für Elektrolyseure, die Wasserstoff herstellen.
SOFC im Bosch Entwicklungszentrum Schwieberdingen im Überblick
Am Standort ist SOFC-Brennstoffzellensystem in Betrieb, das eine elektrische Leistung von rund 200 kW erbringt. Im Praxistest ist das SOFC-System in ein Energiegesamtkonzept integriert, das Elektrizität aus verschiedenen regenerativen Quellen kombiniert. In dieser Testanordnung werden unter anderem die Leistungsbandbreite und die Wärmeauskopplung erprobt.
Ziel
Erprobung der Leistungsbandbreite von SOFC-Systemen
Anwendungsbereich
Integration in ein Gesamtenergiesystem im Industrieumfeld
Einsatzort
Bosch Entwicklungszentrum Schwieberdingen
SOFC-Systeme sind die idealen Bausteine für ein ganzheitliches Energiemanagement. Sie können die Verfügbarkeitsschwankungen von regenerativ erzeugter Elektrizität ausgleichen und sind in der Kombination von Wärme- und elektrischer Energie besonders effizient.
- installierte SOFC-Units in der Energiezentrale
- Prozent elektrischer Wirkungsgrad
- Prozent Gesamtwirkungsgrad bei Wärmeauskopplung
- kW elektrische Energie (nominal)
- Betriebsstart des SOFC-Systems
Das Bosch SOFC-System befindet sich in der Pilotierungsphase. Alle hier genannten fachlichen Angaben sind technologische Entwicklungsziele und beziehen sich auf den Beginning of Life.