Zum Hauptinhalt springen
SOFC as a Service am Bosch-Standort Salzgitter

Mit Brennstoffzellen neue Geschäftsmodelle erschließen

Stationäre Brennstoffzellen sind eine Schlüsseltechnologie für die dezentrale und klimaneutrale Energieversorgung der Zukunft. Ein Pilotbetrieb am Bosch-Standort Salzgitter schafft nicht nur die technischen Grundlagen für das Wasserstoffzeitalter. Er erprobt auch Modelle zur Nutzung von SOFC-Brennstoffzellen, ohne dass Anwender diese kaufen müssen. Sie bezahlen lediglich für Verbrauch und Nutzung – und sichern damit ihre Liquidität. Partner im Pilotprojekt sind die Deutsche Bank und Bosch mit dem Fertigungsstandort Salzgitter. Das Werk ist nicht nur der Anwender der neuen Technologie, sondern produziert auch selbst die elektronischen Steuergeräte der Anlage.

Julian Schatz von Bosch und Anne-Katrin Brehm von der Deutschen Bank vor einer SOFC-Brennstoffzelle

Mit ihren Systemvorteilen eignen sich SOFC-Brennstoffzellen ideal zur dezentralen Energieversorgung von Industriebetrieben, Rechenzentren oder auch Nutzgebäuden und Stadtquartieren.

Ein entscheidender Pluspunkt ist, dass Brennstoffzellen Energie dort produzieren, wo sie benötigt wird. Damit entfällt die Notwendigkeit, Energie über lange Distanzen via Stromtrassen zu transportieren. Zudem ist die dezentrale Stromproduktion weniger störanfällig für Netzschwankungen oder -ausfälle. Doch nicht alle, die Strom nutzen, möchten sich gleich ein eigenes Kraftwerk kaufen. Für viele Anwender ist es besser, nur für Nutzung und Verbrauch zu bezahlen, ähnlich der Stromrechnung eines Netzbetreibers.

Das ist zumindest außerhalb der Großindustrie gelerntes Marktverhalten und soll auch im Wasserstoffzeitalter und neuen Energielösungen weiterhin möglich sein. Das Pilotprojekt „SOFC as a Service“, kurz SOFCaaS, testet dazu am Wasserstoff Campus Salzgitter ein neuartiges Finanzierungs- und Abrechnungsmodell in der Praxis. Insgesamt zehn SOFC-Units liefern Strom für das dortige Bosch-Werk. Fünf der Anlagen sind Eigentum und wurden vom Standort erworben. Fünf zusätzliche Anlagen werden von der Deutschen Bank finanziert. Das Bosch-Werk bezahlt nur für die Nutzung der bereitgestellten Technik, die verbrauchsabhängig abgerechnet wird. Dies ist der erste Praxistest eines SOFCaaS-Modells: SOFC-Brennstoffzellen sollen hierbei nutzungsbasiert – auf sogenannter Pay-per-Use-Basis – vermarktet werden. Wie bei der Kurzzeitmiete von E-Rollern in Stadtgebieten bezahlen die Nutzerinnern und Nutzer nur, was sie tatsächlich fahren bzw. verbrauchen.

"Mit der Brennstoffzelle bewegen wir uns im Energiemarkt”, erläutert Julian Schatz, gemeinsam mit seinem Kollegen Florian Greppmair bei Bosch SOFC für die Geschäftsmodellvalidierung und das Controlling verantwortlich.

Julian Schatz, der für die Geschäftsmodellvalidierung und das Controlling bei Bosch SOFC verantwortlich ist, steht vor einer Brennstoffzellen-Unit.

Im Energiemarkt sind Kunden es gewohnt, dass sie Energie, hier insbesondere Strom, nutzen, ohne dass sie in eine Infrastruktur zur Energieproduktion investieren. Diesem Kundenbedürfnis kommen wir mit SOFC as a Service entgegen.

Julian Schatz

So funktioniert SOFC as a Service

Schon der Name „SOFC as a Service“ weist darauf hin, dass den Anwenderinnen und Anwendern nicht einfach ein Netzanschluss bereitgestellt wird, sondern dass er ein komplettes Paket an Dienstleistungen, digitalen Services und nutzungsbasierter Finanzierung erhält.

Der innovative Ansatz des Modells ist, dass Anwenderinnen und Anwendern die Nutzung einer Brennstoffzellen-Anlage so einfach, komfortabel und versorgungssicher wie möglich gemacht wird. Sie beinhaltet ein pay-per-use-Modell für die verbrauchte Energie, geht aber weit darüber hinaus: Sämtliche technischen Aspekte und Finanzierungsfragen werden von den Vertragspartnern des Nutzers bearbeitet. Der Kunde erhält eine SOFC-Anlage in permanent bestmöglichem Zustand, die installiert und proaktiv gewartet wird.

Partner im Modellprojekt sind zum einen Bosch SOFC als Bereitsteller der Technologie, das Bosch-Werk Salzgitter als Energienutzer sowie die Deutsche Bank. Sie finanziert die Anlagen für das neue as-a-Service-Modell und erstellt die nutzungsbasierten Abrechnungen. Wichtige Ziele der Pilotphase: die technischen, vor allem aber auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Aspekte für die beteiligten Partner unter realen Bedingungen zu testen.

In einer Halle am Bosch-Werk Salzgitter arbeiten fünf Brennstoffzellen-Units, mit denen SOFC as a Service getestet wird.
Fünf Brennstoffzellen-Units absolvieren den Praxistest für das SOFC as a Service Modell.

Finanzierungspartner Deutsche Bank

Der Vorteil für Anwenderinnen und Anwender liegt klar auf der Hand: Sie können eine Zukunftstechnologie nutzen, ohne Kapital für die Anschaffung der Technik zu binden. Die Finanzierung der Brennstoffzellen-Anlage übernimmt im Pilotprojekt die Deutsche Bank, später kann dies über unterschiedliche Finanzierungsmodelle gewährleistet werden.

Anders als bei üblichen Miet- oder Leasinggeschäften müssen Nutzerinnen und Nutzer sich außerdem nicht um die Integration der Anlage in ihr bestehendes Energie-Ökosystem kümmern. Diesen Part übernimmt im Modell SOFC as a Service der technische Vertragspartner. Ebenso werden Energiemanagement, Wartung und gegebenenfalls Reparaturen proaktiv vom Technologiepartner erledigt. Für Kundinnen und Kunden ist das Produkt jederzeit in bestmöglichem Zustand verfügbar. Mit Blick auf die garantierte technische Verfügbarkeit und die Abrechnung nach Verbrauch verspricht das Modell klare Kostenvorteile für Anwender.

„Alleine schon, weil keine Investition notwendig ist, die sich erst amortisieren muss, ist SOFCaaS lukrativ“, benennt Julian Schatz einen der Nutzervorteile. „Dazu kommen noch nicht-monetäre Faktoren wie die Umweltvorteile der SOFC-Technologie, die Versorgungssicherheit und die größere Unabhängigkeit von Strommärkten.“

Infografik zum SOFCaaS-Modell

Digitaler Zwilling als Schlüsseltechnologie

Ein zentrales Werkzeug des Geschäftsmodells ist der sogenannte digitale Zwilling der SOFC-Anlage. Regelungstechnik und Sensoren der Brennstoffzellen übermitteln große Mengen relevanter Betriebsdaten in eine Cloud und erzeugen ein virtuelles Spiegelbild der Anlage.

Mithilfe dieser Daten kann das Personal des Technikpartners in Echtzeit überwachen, ob das System bestmöglich für die Nutzenden funktioniert. In naher Zukunft soll der digitale Zwilling auch vorausschauende Wartung möglich machen. Vorteile sind eine längere Lebensdauer der Anlagen und weniger Ausfallzeiten sowie gezielte, kürzere Routinewartungen und die permanente technische Weiterentwicklung der Produkte. Außerdem ist der digitale Zwilling die Voraussetzung für die zukünftige Skalierbarkeit des SOFCaaS-Modells.

Den digitalen Zwilling nutzt auch der Finanzierungspartner Deutsche Bank. Ihm dienen die Daten zur automatisierten Abrechnung der Nutzungsentgelte, zur Analyse des Nutzungsverhaltens und zur Optimierung der Finanzierungslösung. „Der digitale Zwilling hilft uns nicht nur, die Kosten für Kundinnen und Kunden automatisiert zu ermitteln. Er liefert uns auch Nutzungsdaten, die essenziell für as a Service Modelle sind. Darauf aufbauend lassen sich nachhaltige Finanzierungskonzepte entwickeln“, erklärt Anne-Katrin Brehm. Sie verantwortet bei der Deutschen Bank die Finanzierungslösungen für as-a-Service-Modelle. „Je besser wir über diverse Branchen hinweg verstehen, wie unterschiedlich SOFC-Anlagen genutzt werden, desto individueller und nachhaltiger können wir den nutzungsbasierten Ansatz für die Finanzierung und Abrechnung ausrichten.”

Der Pilotbetrieb in Salzgitter läuft im industriellen Umfeld. Das SOFCaaS-Modell lässt sich jedoch auf viele Bereiche anwenden, beispielsweise Rechenzentren, Gebäude oder Stadtquartiere. Auf Kapitalgeberseite ist die Finanzierungspartnerschaft im Modell SOFCaaS künftig vor allem für Institute und Anleger interessant, die in Nachhaltigkeit investieren wollen.

Im Hintergrund steht eine SOFC-Unit.
Nutzungsdaten sind essenziell für das as-a-Service-Modell.
Eine SOFC-Unit ist über Augmented Reality im virtuellen Raum auf einem Tablet gespiegelt.
Als IoT-Device (Internet of Things) kann das SOFC-System Daten sammeln und verknüpfen. Die Basis ist ein virtuelles Abbild der Brennstoffzelle: der digitale Zwilling.
Auf einem Tablet sieht Julian Schatz ein Dashboard mit Nutzungsdaten der SOFC-Anlage.
So lässt sich das SOFC-System in Echtzeit überwachen.
/

SOFC as a Service im Überblick

Am Standort Salzgitter sind insgesamt zehn SOFC-Units im Einsatz. Mit fünf von ihnen erprobt Bosch mit der Deutschen Bank das Dienstleistungsangebot SOFC as a Service, kurz SOFCaaS. Der innovative Ansatz ist, dass die Nutzerinnen und Nutzer die Anlagen nicht kaufen, sondern ausschließlich für den Stromverbrauch, die Nutzung und die damit verbundenen Services bezahlen. Der Vorteil für die Anwenderinnen und Anwender: Sie können eine Zukunftstechnologie nutzen, ohne Kapital für die Anschaffung der Technik zu binden.

Ziel

Ein neues Geschäftsmodell für die innovative Brennstoffzellen-Technologie etablieren.

Anwendungsbereich

Dezentrale Stromversorgung im Industrieumfeld. Das Modell ist übertragbar auf andere Bereiche.

Einsatzort

Bosch-Standort Salzgitter. In Salzgitter wird Steuerelektronik hergestellt.

Foto von Anne-Katrin Brehm, die bei der Deutschen Bank verantwortlich für Finanzierungslösungen von as-a-Service-Modellen ist.

SOFC as a Service ist für uns als Deutsche Bank ein neuartiges Finanzierungs- und Geschäftsmodell. Der digitale Zwilling ist dabei von großer Bedeutung. Er hilft uns nicht nur, die Kosten für den Kunden präzise und automatisiert zu ermitteln. Er liefert uns auch Nutzungsdaten, die essenziell für as a Service Modelle sind. Darauf aufbauend lassen sich nachhaltige Finanzierungskonzepte entwickeln.

Anne-Katrin Brehm
Unsere SOFC-Pilotanlagen am Bosch-Standort Salzgitter
  1. installierte SOFC-Units im Werk
  2. kW elektrische Energie (nominal)
  3. kW thermische Energie
  4. Prozent Abdeckung des Strombedarfs im Werk
  5. Betriebsstart der ersten SOFC-Systeme

Das Bosch SOFC-System befindet sich in der Pilotierungsphase. Alle hier genannten fachlichen Angaben sind technologische Entwicklungsziele und beziehen sich auf den Beginning of Life.

Teile diese Seite auf